Vor ein paar Monaten ging ein Haus in einem illegal bebauten Viertel von Peking in Flammen auf. Darauf räumte die chinesische Regierung das ganze Viertel. Dort hatten Wanderarbeiter gelebt.
Bei meinem dreijährigen Aufenthalt in China lernte ich ein großartiges Land mit ganz verschiedenen Seiten kennen: wunderschöne Landschaften hier, Umweltverschmutzung dort. Auffallend war aber
auch der rücksichtslose Umgang der Gesellschaft mit den Wanderarbeitern.
Wanderarbeiter sind Bauern, die aus Armut vom Land in die Stadt fliehen. Den Rest der Familie lassen sie meist auf dem Land zurück, wo Großeltern oder andere Verwandte für die Kinder sorgen. Die
Kinder sehen ihre Eltern dann oft nur einmal im Jahr. Manche Bauern nehmen ihre Kinder auch mit, aber da Wanderarbeiter in den chinesischen Städten meist illegal arbeiten, haben Eltern und Kinder
hier kaum Rechte: Die Kinder dürfen nicht zur Schule gehen und die Erwachsenen arbeiten unter schlimmsten Bedingungen auf Baustellen oder fegen den Müll von den Straßen.

Obwohl es ihnen in den Städten so dreckig geht, kommen immer mehr Bauern, da sie hier etwa dreimal so viel verdienen wie auf dem Land. Dass diese Menschen oft ihr ganzes vorheriges Leben aufgegeben haben und zuhause keine Möglichkeit haben, ihre Familie ernähren, kümmert die Regierung wenig. Sie sind ja illegal.
Ungefähr 56 Prozent der chinesischen Staatsbürger leben in der Stadt - hauptsächlich in den gewaltigen Megastädten. Die Regierung aber will, dass diese nicht mehr so schnell wachsen. So sollen es bis 2020 nicht mehr als 22 Millionen Einwohner in Peking werden. Deshalb tut die Regierung inzwischen alles dafür, dass nicht noch mehr Menschen in die Städte zu ziehen. Diejenigen, die diese Politik am meisten betrifft, sind die Wanderarbeiter. Das brennende Haus wurde dazu genutzt, um viele Tausende von Wanderarbeiten aus der Stadt zu jagen.
Denjenigen, die mehr über die Wanderarbeiter aus der Sicht eines jungen Mädchens erfahren möchte, empfehle ich die Bücher „Wie wilde Gräser“ (2014) und „Das Mädchen am Rande der Stadt“ (2011) von Anna Xiulan Zeeck.

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